Für Verteilnetzbetreiber ist Digitalisierung der wesentliche Schlüsselfaktor, um die Energiewende zu beschleunigen. Warum? Bevor wir in den nächsten Wochen verschiedene Themen tiefer mit Ihnen diskutieren, möchten wir zunächst einen kurzen Impuls geben. 

Die Verteilnetzbetreiber sind insbesondere in drei Prozessen enorm gefordert, um die Energiewende zu schaffen, wie es Gesetzgeber und Bundesnetzagentur vorgeben, und zwar 

  • in den Netzanschlussprozessen,  
  • den Netzsteuerungsprozessen auf Niederspannungsebene und  
  • den Netzbauprozessen. 

Für die Netzanschlussprozesse stellt die rasante Zunahme an Photovoltaik (PV) und von Speichern, Wärmepumpen und Wallboxen eine große Herausforderung dar. Nach Erwartungen der Verteilnetzbetreiber (gem. VNB Digital), wird die installierte Leistung bei PV von 2022 bis 2028 um 200 Prozent steigen. Auch bei Wärmepumpen, Speichern und Wallboxen wird eine sehr deutliche Steigerung erwartet. 

Netzsteuerung auf Niederspannungsebene

Damit die Netze die Zunahme an Anlagen für erneuerbare Energien und der Stromverbraucher verkraften, hat der Gesetzgeber im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bereits Möglichkeiten geschaffen, die Einspeisung zu begrenzen und zu steuern und nun mit §14a EnWG die Möglichkeit eröffnet, steuerbare Verbraucher zu dimmen. Die Netzsteuerung auf der Niederspannungsebene ist damit eine weitere große Aufgabe, vor der die Verteilnetzbetreiber stehen.  

Da die Netzbetreiber bei der Notwendigkeit von Steuerungshandlungen gleichzeitig zum Netzausbau verpflichtet sind, ist der verstärkte Netzausbau die dritte Herausforderung für Verteilnetzbetreiber. Offen ist noch, ob die Nutzung von Flexibilität – die Bundesnetzagentur hat den ab 2025 verpflichtenden Einstieg in flexible Netzentgelte definiert - helfen kann, diesen abzumildern. 

Dabei darf man nicht vergessen, dass die Verteilnetzbetreiber nicht nur durch die Energiewende, sondern auch durch den Fachkräftemangel und die Notwendigkeit steigender Kundenorientierung gefordert sind - und das alles bei knappen finanziellen Mitteln. 

Dieses große Spannungsfeld, in dem die Verteilnetzbetreiber stehen, lässt sich zwar nicht ausschließlich durch Digitalisierung, aber nur mit einer deutlich verstärkten Digitalisierung meistern. Diese fordert der Gesetzgeber teilweise selbst, wenn es um den Einsatz eines Web-Portals beim Anschluss von PV-Anlagen oder die Messung und Steuerung von Erzeugern und Verbrauchern über intelligente Messsysteme geht. 

Für  

  • kundenfreundliche und massentaugliche Netzanschlussprozesse 
  • leistungsfähige Steuerungsprozesse und  
  • zielgerichtete und effiziente Netzbauprozesse  

reicht die Umsetzung dieser Minimalforderungen aber natürlich nicht. 

Welche Digitalisierungsthemen sind für diese drei, durch die Energiewende im Besonderen betroffenen Prozesse, besonders wichtig? 

Allen Prozessen gemeinsam sind vor allem zwei Anforderungen: 

  • Das steigende Bedürfnis nach verfügbaren, aktuellen Netzdaten muss befriedigt werden. 
  • Die Zusammenarbeit zwischen vielen externen und internen Beteiligten ist reibungslos zu gestalten. 

Die erste Gemeinsamkeit ist das steigende Bedürfnis nach verfügbaren, aktuellen Netzdaten mit der Möglichkeit, Netzmodelle aufzustellen und Prognosen durchzuführen. Auf dieser Basis lassen sich  

  • Netzanschlussprozesse - beispielsweise die Genehmigung von EEG-Anlagen und steuerbaren Verbrauchern - teilweise komplett automatisieren,  
  • sind dynamische Netzsteuerungsprozesse auf Basis des aktuellen Netzzustands möglich und  
  • lassen sich Netzausbaumaßnahmen passgenau definieren. 

Dahinter stehen die zwei aufeinander aufbauenden, hoch zu priorisierenden Digitalisierungsthemen Netzdatenmodell und Digital Twins (digitale Zwillinge). 

Im Netzdatenmodell werden die für die Beurteilung der relevanten Netzfragen erforderlichen Stamm- und Bewegungsdaten – aus für das Netz relevanten intelligenten Messsystemen und weiteren Sensoren – verfügbar gemacht.  

Automatisierte Entscheidungen durch Digital Twins

Digital Twins für Netzabschnitte, Teilnetze oder das gesamte Netz bauen auf dem Netzdatenmodell auf, modellieren die bestehende Situation beispielsweise bezogen auf die Netzlast, prognostizieren Veränderungen, beispielsweise durch zusätzliche Kundenanlagen, können Szenarien bilden und helfen so, Entscheidungen zu automatisieren bzw. gut vorzubereiten.  

Die zusätzlich erforderlichen Netzsteuerungssysteme für die Niederspannung bauen auf den Netzdaten auf und sind auf die Netzabschnitte ausgerichtet, in denen eine Netzüberlastung nicht auszuschließen ist. 

Die zweite wesentliche Gemeinsamkeit der drei Netzprozesse ist die große Beteiligung verschiedener interner, aber vor allem auch externer Anspruchsgruppen 

Sofern die Zusammenarbeit mit anderen energiewirtschaftlichen Marktrollen, wie beispielsweise Lieferanten oder Messstellenbetreibern, erfolgt, ist dies über die Marktkommunikation geregelt. Ein sehr hoher Digitalisierungsgrad ist hier zwingend.  

Damit die anderen Externen, wie beispielsweise Kunden, Installateure, Fachplaner und Baufirmen, sowie die verschiedenen Internen möglichst reibungslos zusammenarbeiten, ist der verstärkte, kombinierte Einsatz digitaler Plattformen mit Workflowsystemen sinnvoll. 

Eine Plattform - beispielsweise für die Zusammenarbeit im Netzanschluss - stellt Customer Journeys für alle Beteiligten bereit, ermöglicht Datenaustausch, Dokumentation und Kommunikation – inkl. des Einsatzes von generativer KI in Chatbots zur Kundenberatung in Netzanschlussfragen - und macht den Bearbeitungsfortschritt transparent. Sie ist der digitale Ein- und Ausgangskanal für alle Anliegen.  

Organisation mit Workflowsystemen

Workflowsysteme, neuerdings auch unterstützt durch KI, organisieren, monitoren und dokumentieren die interne Zusammenarbeit beispielsweise im Netzbau vom Bauprogramm, über Planung und Bau bis zur Inbetriebnahme. KI kann dabei vorbereitende Arbeiten beispielsweise in der Planung und der Vergabe übernehmen und so Freiraum für die eigentlichen Aufgaben schaffen. 

Die großen Digitalisierungsanforderungen, die sich aus 

  • dem steigenden Bedarf an verfügbaren, aktuellen Netzdaten und  
  • der starken Zunahme der Zusammenarbeit zwischen vielen externen und internen Stakeholdern ergeben

zeigen, dass die Netzbetreiber ihre Roadmap für die digitale Transformation anpassen müssen, um die Energiewende zu meistern. Digitale Zwillinge, Kollaborationsplattformen und Steuerungssysteme für die Niederspannungsebene müssen hier einen klaren Platz einnehmen. 

Wir werden verschiedene Themen in den nächsten Wochen vertiefen und freuen uns über einen Austausch mit Ihnen. Wenn Sie Anregungen, Fragen und Hinweise haben,  zögern Sie nicht, uns jederzeit zu kontaktieren. 

Gemeinsam mit Ihnen finden wir die beste Strategie für Ihre digitale Transformation. 

 

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